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Dienstag, 18. November 2014

Gruppe "Kinder des Widerstandes" trafen sich in der antifaschistischen Begegnungsstätte "Haus Heideruh"



Klara Tuchscherer. Tochter der Düsseldorfer Widerstandskämpfer Klara und Karl Schabrod, hat sich vor einiger Zeit gemeinsam mit drei weiteren Töchtern antifaschistischer Widerstandskämpfer mit dem Appell „Hinterbliebene von NS-Opfern fordern ihr Recht“ an die Öffentlichkeit gewandt. Die Bundeskonferenz der VVN-BdA 2011 griff diesen Appell auf und beschloß, Treffen der Angehörigen der 2. und 3. Generation der Opfer von NS-Verfolgung zu veranstalten. 

In den Landesverbänden der VVN-BdA wurde diese Anregung unterschiedlich aufgenommen. In Sachsen und Berlin sowie Hamburg trafen sich die ca. 50- bis 75-jährigen Antifaschistinnen und Antifaschisten, von denen zwar manche als Kind Krieg und Verfolgung der Eltern noch miterlebt haben, aber vor allem in der Nachkriegszeit erlebten, was es heißt Kind eines oder einer Verfolgten zu sein. In Nordrhein-Westfalen entstand sogar eine Gruppe, die sich regelmäßig in Wuppertal im Landesbüro der VVN-BdA trifft und sich den Namen „Kinder des Widerstandes“ gab. 

Rund 30 „Kinder“ haben sich der Gruppe angeschlossen. Bundesweit stimmten ca. hundert Antifaschisten der Erklärung von Alice Czyborra, Klara Tuchscherer (Schabrod), Traute Sander (Burmester) und Inge Trambowsky (Kutz) zu. 

Am 10. bis 12. Oktober traf sich diese Gruppe mit Angehörigen der 2. und 3. Generation aus der gesamten Republik im Haus Heideruh in Buchholz/Niedersachsen. Während die „Kinder des Widerstandes“ aus bürgerlichen Elternhäusern in Medien durchaus Beachtung fanden, so in Filmen über den 20. Juli, war dies anders, wenn die Kinder aus dem Arbeitermilieu kamen – noch dazu aus linken und kommunistischen Familien. Traute Sander: „Die um 1930 Geborenen litten unter den Maßnahmen, die gegen ihre Eltern ergriffen wurden. Viele kamen in NS-Familien zur ‚Umerziehung’ oder wurden in den Schulen und in Heimen diskriminiert.“

Alice Czyborra, Tochter von Ettie und Peter Gingold. sagt: „Ich selber konnte nur überleben, weil mich in Frankreich mutige Menschen als jüdisches Kind versteckten, während meine Eltern sich der Résistance anschlossen.“  Ihre Schwester Silvia, ergänzt: „Nach dem Krieg wurde unserer Familie als ehemalige Emigranten viele Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft verwehrt. Mit dem Kalten Krieg waren unsere Familien ja erneut von Verfolgung betroffen. Ich wurde mit Berufsverbot belegt und noch vor wenigen Wochen wurde bekannt, daß der hessische Verfassungsschutz ein Dossier über mich angelegt und teilweise in hetzerischer Form gegen mich veröffentlicht hat.“ 

In vielen europäischen Ländern gibt es Organisationen der „Kinder des Holocaust“. Bei uns gab es so was bisher noch nicht. Christa Bröcher aus Duisburg sagt: „Das wollen wir ändern. Zum Beispiel wollen wir erreichen, daß dem Arbeiterwiderstand und jenen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern sowie NS-Opfern, die auch nach 1945 wieder verfolgt wurden, mindesten eine Gedenkstätte gewidmet wird. Und daß sie in den Medien überhaupt vorkommen.“

Peter Dürrbeck, der in den sechziger Jahren eingesperrt wurde, weil er gegen die Inhaftierung seiner Mutter Hertha Dürrbeck, eine Widerstandskämpferin aus Niedersachsen, öffentlich protestierte, stellte fest: „Man kann sagen, daß wir Opfer des Kalten Krieges sind. Man muß sich mal die Situation in jener Zeit vorstellen, in der viele von uns Kinder und Jugendliche waren. In der Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft, Militär und dem Staats- und Terrorapparat des Naziregimes, darunter Justiz, Gesundheitswesen, Polizei und Geheimdienste wieder tätig werden, Einfluß nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen. Sie bekamen hohe Pensionen, während unseren Eltern oft die Entschädigung entzogen wurde. Das ist nie aufgeklärt worden.“ Peter Dürrbeck ist Aktivist der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges, die mit den „Kindern
des Widerstandes“ eng zusammenarbeitet. Er weist darauf hin, daß Organisationsverbote zur Bestrafung der Widerstandskämpferinnen und –kämpfer führten, während Naziorganisationen wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. „Und unser Versammlungsrecht wurde eingeschränkt.“

Ulli Sander (Auszüge aus einem Artikel der UZ)

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