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Freitag, 13. April 2012

Der Rechtsstaat und sein Recht

von Dr. Robert Steigerwald
Wenn wir nicht amerikanischer als die Amerikaner arbeiten, brauchen wir gar nicht nach Karlsruhe zu fahren!« Der das sagte, war Emil Carlebach, Buchenwald-Häftling, KPD-Landtagsabgeordneter in Hessen und Mitbegründer der Frankfurter Rundschau, der kein Verehrer des »American Way of Life« war. Der ihm dabei zuhörte, war ich, zu diesem Zeitpunkt im KPD-Zentralorgan Freies Volk für die Theorieseite »zuständig«, also - es war ja noch die »Zeit Stalins«! - so ein wenig ideologischer Wachhabender.

Etwas düpiert fragte ich Emil, wohl auch mit etwas erstaunt wirkender Stimme: »Emil, wie meinst Du das?« Er hielt ein kleines Taschenbuch hoch, kleiner als DIN A6, und sagte: »Also wir gehen in den Saal, jeder mit so einem Büchlein, abwechselnd macht sich je einer von uns für eine halbe Stunde Notizen, dann verläßt er den Saal und geht zu unseren schreibenden Genossinnen. Er diktiert anhand seiner Notizen. Sie rnudeltl das ab. Es kommt der nächste Genosse, und so entsteht zu einigen Stunden des Prozeßverlaufs ein von uns verfaßter Bericht. Kommt dann die Pause, stehen wir am Saalausgang und verteilen unser rProtokolll. Könnt Gift drauf nehmen, ich kenne die Korrespondenten, sie werden sich um unser Material reißen. Wir sind schneller als alle anderen, eben amerikanischer als die Amerikaner.« So machten wir es dann.

Aber kommen wir zur Sache! Am 22. November 1951 fanden in Paris unter Teilnahme Konrad Adenauers Verhandlungen statt. Es ging unter dem Firmenschild der Bildung einer »Europäischen Verteidigungsgemeinschaft« darum, die BRD in den Westen zu integrieren und den Aufbau einer westdeutschen Armee vorzubereiten. Einen Tag darauf, am 23. November 1951, beantragte die Adenauer-Regierung beim Bundesverfassungsgericht das Verbot der entschiedensten Kämpferin gegen diese Remilitarisierung unseres Landes, die KPD.

Solche terminliche Duplizität gab es beim Verbotsprozeß noch einmal: 1956 stand die Wiederwahl des damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, des erzkonservativen Dr. Josef Wintrich, auf der Tagesordnung, aber der unter seinem Vorsitz tagende Senat des Gerichts hatte die KPD noch immer nicht verboten. Da lud Bundeskanzler Adenauer - vierzehn Tage vor besagter Wahl Wintrichs - diesen Herrn zum Gespräch.

Worüber werden die beiden sich wohl unterhalten haben? Dreimal darf geraten werden, und ein Schelm ist, wer da Böses denkt. Am 17. August 1956 erklären die Richter des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Partei schließlich für verfassungswidrig und ordnen ihre Auflösung an.

Lenkende Hand der USA

Während des Prozesses wirkte der CIA-Offizier Franz von Borkenau als Berater des Prozeßbevollmächtigten der Regierung, Ritter von Lex. Und der US-Senat in Gestalt seines »Ausschusses zur Bekämpfung umstürzlerischer Tätigkeit« hatte das Material über den Verbotsantrag des amerikanischen Justizministers zur KP der USA veröffentlicht. Dieses wurde während des Verbotsprozesses gegen die KPD von der Bundeszentrale für Heimatdienst - Vorläuferin der Bundeszentrale für Politische Bildung - in deutscher Sprache verbreitet. Wir hatten davon erfahren, ich bat in einem Brief an diese Zentrale um Überreichung des Materials. Am 27. November 1954 erhielt ich einen ablehnenden Bescheid. Darin hieß es: »Bitte halten Sie uns nicht für übervorsichtig, aber mir ist bekannt, daß sich z.Zt. auch viele Kommunisten in Karlsruhe aufhalten, und ich möchte« - nun stand im Brief ursprünglich »Ihnen«, »Ihnen« groß geschrieben, also ich war gemeint, das wurde dann durchgestrichen und durch »denen« ersetzt - ich fahre fort: »...und ich möchte denen unser Material nicht schicken. Deshalb erklären Sie sich noch bitte kurz zu Ihrer Person ...« Nun, wir kamen dennoch an das Material heran.

Eingebettete Richter

Der ideologische Schein läßt viele übersehen, daß die Gesetze nicht aus einer Welt des schönen Scheins vom hohen Himmel herunterkommen: »Gesetze sind nicht freie Erzeugnisse des menschlichen Geistes, die sich dem ewigen klassenlosen Ideal der Gerechtigkeit in stets wachsender Verbesserung nähern (...) Sie sind vielmehr zeitbedingte Erzeugnisse der jeweiligen Herrschaftsverhältnisse, und ihr Zweck ist, diese zu sichern.« (Emil Julius Gumbel, Verräter verfallen der Feme, Berlin 1929, S. 28). Und Karl Dietrich Bracher über die politische Justiz der Weimarer Republik: »Dies alles vollzog sich hinter der Fiktion vom unpolitischen, überparteilichen Charakter der Justiz als einer eigenen, unabhängigen Gewalt. In Wahrheit gehört die Justiz nicht nur in der Demokratie (...) zum wesentlichen Teil dem Bereich des Politischen dazu, ja, sie muß dort als eine durchaus politische Gewalt betrachtet werden. Dies gilt natürlich ganz besonders für die Beurteilung und Behandlung politischer Vorgänge: also Politischer Justiz im engeren Sinne (...) Die Fiktion vom überparteilichen Charakter der Justiz (...) verdeckte die Tatsache, daß die Beamten und gerade auch die Juristen in ihrem Verhalten, in ihrer Tätigkeit, in ihren Entscheidungen doch wesentlich abhängig sind von politischen Einflüssen und sozialer Herkunft ...« (zit. n. H. und E. Hannover, Politische Justiz 1918-1933, Frankfurt a. M. 1966, S. 10).

In der BRD werden diese Richter doch vom Richterwahlausschuß des Bundestags nominiert und stammen aus den Bundestagsparteien. So ist die politische Justiz - über Vermittlungsglieder hinweg - an die Träger der politischen Macht gebunden und folglich auf die Durchsetzung der Grundziele dieser politischen Macht ausgerichtet. Da dieses Grundziel in der hier zu behandelnden Zeit erklärtermaßen das Zurückdrängen (»Rollback«) des Sozialismus war, hatte die politische Justiz genau diesem Ziel zu dienen.

Natürlich haben all jene Richter, die gemäß dem Parteienproporz und der Zugehörigkeit zur jeweils richtigen Partei in die höchsten Richterämter delegiert worden sind, beim Einzug in ihr neues Amt ihre Überzeugungen, ihre Vorurteile, ihre Karriereerwartungen aufgegeben und bei der Rechtsprechung vergessen, daß sie als Mitglieder von CDU, CSU, SPD, FDP usw. in ihre wohldotierte Position gelangt sind. Daß da irgend jemand in die unabhängige Rechtsprechung eingreifen würde, das gibt es doch nur in der Agitation der Kommunisten. Wir haben doch Gewaltenteilung. Da handelt man nur streng nach dem Gesetz. Oder nicht?

In seinem Buch »Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1968« (Frankfurt/M. 1978) zählt Alexander von Brünneck eine ganze Reihe ehemaliger Nazijuristen auf, die über Kommunisten zu Gericht saßen (a.a.O., S. 228, 234). So setzte Karlheinz Ottersbach, der als Staatsanwalt am Sondergericht Katowice (Kattowitz) im von Nazideutschland besetzten Polen auch bei Bagatelldelikten Todesurteile ausgesprochen hatte, nach 1945 seinen antikommunistischen Feldzug an der IV.Strafkammer beim Landgericht Lüneburg fort, wo er gegen zahlreiche KPD-Mitglieder ermittelte. Ein anderer der über die KPD zu Gericht sitzenden Richter hatte in der Weimarer Republik einen der Mörder von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg aus dem Leipziger Reichsgerichtsgebäude entkommen lassen. Der Prozeßbeauftragte der Bundesregierung in Karlsruhe, Ritter von Lex, hatte 1933 als Repräsentant der Bayerischen Volkspartei im Reichstag in äußerst aggressiver Weise die Zustimmung seiner Fraktion zu Hitlers Ermächtigungsgesetz begründet.

Im Prozeß gegen die KPD saß mit Theodor Ritterspach jemand im Richtergremium, der zuvor im Bundesinnenministerium - das den Prozeß vorbereitete und betrieb - als Beamter gearbeitet hatte. Der Berichterstatter des Gerichts, Dr. Erwin Stein, hatte bei den Ermittlungen der Anklageseite gegen die KPD gearbeitet, beim Anlegen von Geheimakten mitgewirkt, war daher in hohem Maße als befangen einzustufen, wurde aber dennoch im Gericht belassen. Insgesamt kamen acht der zwölf Richter des Verbotsprozesses aus dem gleichen Staatsapparat oder der gleichen Partei des Bundeskanzlers, der bzw. die den Prozeß führte. In jedem normal rechtsstaatlich funktionierenden Justizsystem hätte die Befangenheit dieses Gerichts keines Zweifels bedurft.

Übrigens hatte einer der zwölf Richter des Senats sich unmittelbar vor Prozeßbeginn krankgemeldet und konnte so an den Sitzungen des Senats nicht mehr teilnehmen: Dort oben saßen also elf Richter, wir sprachen unter uns nur vom »Elferrat«, und wer den rheinischen Karneval kennt, kann mit dem Namen etwas anfangen - allerdings hielten wir diese Leute nicht für Narren!

Grundrechte entzogen

Wie nun ordnete sich die Politische Justiz in diese politischen Grundziele ein? Zunächst durch die Gesetzgebung. In diesem Zusammenhang spielte das erste Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 eine zentrale Rolle, welches 37 neue Strafnormen festlegte, und unter anderem Hochverrat, Landesverrat und Geheimbündelei unter Strafe stellte. Es war eindeutig gegen die Kommunisten gerichtet. »Praktisch die gesamte politische Betätigung der Kommunisten wurde kriminalisiert.« (von Brünneck, a.a.O., S. 74) In Anlehnung an die Nazipraxis wurde dem bis dahin geltenden politischen Bereich des Hochverrats und seiner Vorbereitung ein neuer vorgeschaltet: die Staatsgefährdung. Das war eine Vorverlegung der Schutzvorschriften, die »eine Vielzahl von gewaltlosen Formen politischer Betätigung pönalisierte (...), bei denen eine - wenn auch nur sehr vermittelte - Form der Gefährdung des Staates objektiv nicht festgestellt werden mußte«. (von Brünneck, a.a.O., S. 75) Mit dieser Manipulation bezeichnete man einfach politische Betätigungen, die man nicht dem Hochverrat gleichsetzen konnte, als staatsgefährdend. Max Güde, damals Generalbundesanwalt: Zur Begründung von Staatsgefährdung bedürfe es »nicht der ausdrücklichen Feststellung einer konkreten Gefährdung«. (Max Güde, »Probleme des politischen Strafrechts«, in: Monatsschrift für Deutsches Recht 1957, S. 21) Die Absicht genüge, und die stellt das Gericht fest. Es reichte aus, daß Richter den Angeklagten bestimmte Absichten einfach unterstellten. »Der Täter braucht subjektiv keine verfassungsfeindlichen Ziele zu verfolgen. Er braucht auch selbst keine gegen die Verfassung gerichteten Handlungen begangen zu haben.« (von Brünneck, a.a.O., S. 85) Sein Handeln wurde dadurch Straftat, daß ihm bestimmte Absichten unterstellt wurden.

Sodann erfolgte die Einordnung der Politischen Justiz in die politischen Grundziele der Machtträger durch die Rechtsprechung selbst. Hier wirken vor allem folgende Faktoren:

- eine extreme Auslegung der Gesetze selbst;

- die extreme Auslegung jeglicher kommunistischer Meinungsäußerung (insbesondere später, nach dem KPD-Verbot), was in der Praxis auf den Entzug eines eigentlich verfassungsrechtlich geschützten Grundrechts hinauslief;

- die extensive Verwendung des rechtstechnischen Verfahrens, von der »Offenkundigkeit eines Tatbestands« (die oft das entsprechende Gericht in einem früheren Verfahren »festgestellt« hatte) auszugehen;

- Behinderung der Verteidigung, insbesondere durch Verdächtigung und Diffamierung der Verteidiger;

- lange, oft jahrelange Untersuchungshaft;

- hohe Finanzforderungen;

- Haftbedingungen, bei denen mit einem Mal die Gesinnung der Verurteilten nicht mehr in Betracht kam, also insbesondere die Verweigerung der Kennzeichnung und Behandlung als politische Gefangene;

- im Hintergrund des Verfahrens eine faktisch beherrschende Stellung der politischen Polizei und des sogenannten Verfassungsschutzes;

- Aufhebung sogar des alten Rechtsgrundsatzes, daß niemand für Taten bestraft werden dürfe, die zum Zeitpunkt ihres Stattfindens noch nicht strafbar waren (dies mußte allerdings das Gericht 1961 als nicht verfassungsgemäß korrigieren).

Die faktische Verweigerung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung für Kommunisten fand in der Weise statt, daß nahezu jegliche politische Äußerung von Kommunistinnen oder Kommunisten als eine Handlung wider das KPD-Verbot ausgelegt wurde. »Praktisch hieß das, daß der rFörderungswillel dann angenommen wurde, wenn Kommunisten sich politisch äußerten. Sie machten sich für ihre politischen Aussagen im Ergebnis immer strafbar, unabhängig vom Inhalt ihrer Äußerung. Es kam insbesondere nicht darauf an, ob ihre Forderungen sachlich berechtigt waren oder ob sie auch von anderen Gruppen in der Bundesrepublik vertreten wurden. Unerheblich war auch, daß ihre Äußerungen für sich genommen strafrechtlich irrelevant waren, insbesondere nicht gegen Paragraph 93 StGB (Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit; d.Red.) verstießen« (von Brünneck (a.a.O., S.176).

Indem man etwas als offenkundige Tatsache ausgab, mußte über die strafrechtliche Relevanz eines Tatbestandes oder einer unterstellten Absicht gar nicht mehr verhandelt werden.

Was die lange Untersuchungshaft angeht - sie betrug zum Beispiel in meinem Fall zwei Jahre -, so hatte sie mehrere Auswirkungen. Erstens wurde damit ohne Gerichtsverfahren eine faktische Freiheitsstrafe vollzogen. Zweitens lief sie auf ein langes Voruntersuchungsverfahren hinaus, das - zusammen mit den umfangreichen Ermittlungen und der Länge der Verfahren (bei mir dauerte der Prozeß fast sieben Wochen!) - zu sehr hohen Prozeßkosten führte (bei mir waren es etwa 10000 DM, 1956 eine unerhörte Summe). Abgesehen davon wurde die ganze Länge der Untersuchungshaft nicht als Teil der Strafe anerkannt. Mir wurden zum Beispiel sechs Monate von zwei Jahren Untersuchungshaft nicht auf die Strafe angerechnet, so daß ich de facto im Ergebnis meines ersten Prozesses nicht dreieinhalb Jahre, sondern deren vier »verbüßte«.

Urteile und Vorurteile

Es wurde nicht die von der KPD wirklich anerkannte Theorie ins Verfahren eingeführt, sondern eine auf bekannten westlichen Vorurteilen beruhende.

Das bedeutete, daß über die KPD im Rahmen der vorgegebenen bürgerlichen Vorurteile über die Kommunisten verhandelt und geurteilt wurde! Es wurde zwar ausdrücklich erklärt, die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus könne nicht Verfahrensgegenstand sein, sei nicht justitiabel, weil Weltanschauungen grundgesetzlich geschützt seien, doch »mit der Illegalisierung des Bekenntnisses zum rMarxismus-Leninismusl« wurde »auch ein Teil dieser rLehrel selbst illegalisiert«. (von Brünneck, a.a.O., S.

123) Als Dr. Achim von Winterfeld für die Bundesregierung die weite Verbreitung der marxistischen Theorie als verbotswidrig anführte, gab er zu »bedenken«, »daß allein die Auflagenhöhe der klassischen Werke des Marxismus-Leninismus 931000000 beträgt«.

In den Begründungen der Antragsteller im KPD-Verbotsprozeß, ausgerechnet durch von Lex vorgetragen, heißt es im typischen Nazi-Blut-und-Boden-Jargon: »Sie« (gemeint ist die KPD) »ist ein gefährlicher Infektionsherd im Körper unseres Volkes, der Giftstoff in die Blutbahn des staatlichen und gesellschaftlichen Organismus der Bundesrepublik sendet«. (48. Tag der Verhandlung)

Im Verfahren gegen die KPD spielte die These von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine zentrale Rolle. Das Bundesverfassungsgericht hielt sich für verpflichtet, »den rWertegehaltl der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eingehend authentisch zu interpretieren. Es hat ignoriert, daß es gerade der Sinn der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist - wie Artikel 5 GG deutlich ausweist -, verschiedenen Kräften mit sehr widersprechenden politischen Philosophien gleichberechtigte politische Entfaltungsmöglichkeiten im Rahmen des durch das Grundgesetz gebildeten Systems zuzubilligen, es also keineswegs die Aufgabe des Verfassungsgerichts sein konnte, den Bürgern der Bundesrepublik und den politischen Parteien irgendeine politische Kompromißphilosophie obligatorisch aufzuerlegen. Es ist wohl kein Zufall, daß das Gericht dem Leser der Urteilsgründe einen Nachweis für diese Rechtsmanipulation schuldig geblieben ist. Das Gericht hat sich dazu verleiten lassen, seinen eigenen Glaubensinhalt dem Grundgesetz zu unterlegen.« (Wolfgang Abendroth, Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie, Neuwied und Berlin 1968, S. 148) Präsident Dr. Wintrich meinte, das Verfassungsgericht habe nicht nur die Aufgabe, die Verfassungsordnung zu wahren, sondern sie auch zu entfalten (!). Der Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth zeigt die darin liegende Gefahr, das Prinzip der Gewaltentrennung zu durchbrechen: Das Gericht habe die Aufgabe, bestehende Normen anzuwenden und die Verfassung zu wahren, nicht aber, sie zu »entfalten«. Diese Aufgabe komme einzig der gesetzgebenden Körperschaft, also dem Parlament, zu.

Die Politische Justiz war, wegen des ideologischen Scheins, eine neutrale Instanz zu sein, das geeignete Mittel, um die aggressive, revanchistische Politik der Bundesregierung mit dem Weihrauch des Rechts einzuhüllen. Kein Wunder, daß der den Nazis verpflichtete Professor für Staatsrecht Ernst Forsthoff (NS-Beurteilung: »Nationalsozialist durch und durch«) - auch er kam in der Bundesrepublik wieder zu hohen Ehren - im Widerspruch zu Artikel 24 und 25 des Grundgesetzes erklären konnte, die Überwindung des Kapitalismus sei ein verfassungswidriges Ziel! Genau diese Begründung finden wir im Tenor des KPD-Verbots-Urteils. Nicht um Recht und Gesetz ging und geht es in der Kommunistenhatz, sondern um die Ideen von Marx, Engels und Lenin. Weil wir Kommunisten uns auf sie beziehen, haben wir uns seit eh und je den Haß der Reichen und Mächtigen zugezogen - darauf sind wir stolz!

Dr. Robert Steigerwald ist Mitherausgeber und Redakteur der Marxistischen Blätter und seit 1948 kommunistisch organisiert. Wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD saß er zwischen 1953 und 1960 insgesamt fünf Jahre in Einzelhaft

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